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AutorenbildChristof Marti

Golf : Die Krise ist eine Chance!

Interview im Magazin "GOLF.ch" No 3/21 Geht es um Sponsoring und Events, gehören Christof Marti und Bernhard Spahni zu den ersten Adressen in der Schweiz. Sie erklären im Interview, weshalb der Spruch «Krise als Chance» im Falle des Golfsports keine Floskel ist.




Zuerst Corona, dann der Unfall von Tiger Woods – der Golfsport durchlebt harte Zeiten. Wie gehts weiter?

Bernhard: Die Welt dreht sich zwar weiter, doch die Lockdowns sollten es uns ermöglicht haben, den Status quo zu überdenken, um dieBedürfnisse der Golfer und potenziellen Golfer befriedigen zu können. Christof: Jede Krise ist auch eine Chance. Dies gilt ganz besonders für den Golfsport, denn Outdoor-Aktivitäten sind in. Tiger Woods? Ein Kapitel mehr in der Lebensgeschichte eines absoluten Ausnahmesportlers. Ich hoffe, er kehrt bald wieder auf die Tour zurück.

«Krise als Chance?» Ganz ehrlich, dieser Spruch ist doch nur ein verbales «Trostpflästerli»?

Christof: Nein, kein Trostpflästerli. In den USA hat die PGA Tour Mitte 2020 das Turnier-programm wieder aufgenommen. Ohne Zuschauer vor Ort, aber mit sehr hohen TV-Einschaltquoten und einer steigenden Nachfrage bei den Sponsoren. Bernhard: Wer sich weiterentwickelt, macht aus dieser Krise eine Chance. Man muss aber bereit sein, Alt-Bewährtes zu überdenken und neue Wege zu gehen.

Wieso läuft es in den USA besser als in Europa?

Christof: Der grosse Unterschied sind die TV-Ratings. Die Broadcaster bezahlen hohe Summen für die Rechte, da sie sich über Werbeeinnahmen refinanzieren können. Die Sponsoren nutzen dieattraktive TV-Plattform für Präsenzwerbung und TV-Spots. Zudem sind die Turniere in den USA Grossevents mit Zehntausenden Zuschauern. Ein wichtiges Detail: Jeder Organisator spendet hohe Beträge für Wohltätigkeitsprojekte. So können die freiwilligen Helfer ihre Tage als Volunteer Days anrechnen und die Sponsoren ohne Restriktionen Kunden und Gäste einladen. Denn karitative Events sind nicht dem Korruptions- gesetz unterworfen. Bernhard: Und: Die Amerikaner haben es geschafft, auch Nicht-Golfer für den Sport zu begeistern, die viel Zeit an Weekends vor dem TV verbringen und sich von diesem Sport mitreissen lassen.

Was müsste man in Europa ändern?

Christof: Ich sehe nur eine Möglichkeit: Fusion der PGA Tour, Asian Tour und European Tour; Synchronisierung der Preisgelder und dann, analog zum Tennis, Aufbau eines Ratingsystems für die Turniere. So werden die Top-Turniereausserhalb der USA aufgewertet und die PGA Tour wird zur ganzjährigen World Tour.


Und die Schweiz, welche Rolle spielen wir im Golfsport im Allgemeinen?

Christof: Im Leistungssport spielen wir eine Aussenseiterrolle. Es ist uns nie gelungen, Top-Spielerinnen oder Top-Spieler zu entwickeln. Heute gibt es einen Lichtblick: das Ladies Golf.

Bernhard: Auf Turnierlevel ist das Omega European Masters in Crans-Montana seit Jahren ein Highlight. Das Turnier schafft es immer wiederauf allen Ebenen zu punkten: hohe Zuschauerzahlen, Sponsorenpräsenz, Medienpräsenz und nicht zuletzt Player Field.

Das Swiss Seniors Open in Bad Ragaz ist ein Juwel, welches sehr interessante Spielmöglich-keiten für Amateure beinhaltet. Weitere Turniere haben es schwer.


Wie könnte man unser «Handicap» verbessern?

Bernhard: In der Schweiz gelingt es nicht, den Fun am Golf zu vermitteln – es ist zu elitär und alt-väterisch. Angebote wie Topgolf in den USA oder in UK, wo sich Leute treffen, um neben dem Golfen auch gesellig und ungezwungen zusammenzusitzen, gibt es nicht. Solche Angebote bieten sowohl für Top-Golfer wie auch für Laien einen Mehrwert und ermöglichen einen leichten und verspielten Zugang zum Golfsport. Viele wollen heute Fun, Unterhaltung und Spielen.

Christof: Das Image des Golfsports entspricht nicht der heutigen Realität. Hier müssen alle ihren Beitrag leisten. Und das Golfangebot muss den unterschiedlichen Bedürfnissen und Lifestyles gerecht werden.


Immerhin haben wir mit dem Omega European Masters in Crans-Montana einen der angesehensten Events im Tourkalender – wird dieses Turnier überleben?

Christof: Das Omega European Masters in Crans- Montana hat Tradition und die Organisation ist top. Jedes Jahr werden hohe Investitionen in den Golfplatz und die Infrastruktur getätigt. Ein mustergültiges Turnier.

Bernhard: Das Turnier in Crans widerspiegelt Schweizer Qualität, es ist gut geführt und sehr gepflegt – und wird überleben. Die Lage in den Bergenmacht Crans- Montana einzigartig und ist zudem beste Werbung für die Destination Schweiz.


Und bei den Frauen?

Christof: Da steht das 2020 lancierte VP Bank Swiss Ladies Open im Fokus. Die Organisa-toren sollten sich an Crans orientieren. Nur mit einem ganzheitlichen Konzept und perma-nenter Entwicklung gibt es eine Zukunft.


Ich habe gelesen, dass Golf kein Leistungssport sei, sondern ein Teilnehmersport. Was heisst das?

Bernhard: Das heisst, dass Golf in der Schweiz nur die Golfspielenden interessiert. Es ist kein Publikums- oder TV-Sport über die Kernzielgruppe hinaus.


Und wie könnte man den Golfsport einer breiteren Öffentlichkeit «gluschtig» machen?

Christof: Die Kapazitäten professionell bewirtschaften, und den Golfsport endlich neu positionieren.

Bernhard: Den Zugang erleichtern und Fun vermitteln. Das Altherren-Image muss verschwinden. Junge, auffällige Golfer wie RickieFowler (USA) oder Tommy Fleetwood (UK) helfen dabei, dass sich eine junge Zielgruppe mit dem Sport identifizieren kann.


Aber wollen das die Clubs überhaupt?

Christof: Das frage ich mich auch. Man ist gefangen in der Thematik «Private versus Public Golf» und vergisst, dass die Bedürfnisse der Golfenden sich stark verändert haben. Ich vermisse innovative Konzepte in der Gastronomie, im Event-Angebot etc., und generell im Auftritt. Differenzierung als Stichwort.

Bernhard: Einige Clubs wollen elitär und traditionell als Business-Modell bleiben. Dies öffnet aber Chan- cen für andere Clubs, ihr Business-Modell zu über- denken, neu zu orientieren und neue Mitglieder zu gewinnen.


Und die strikten Club-Regeln oder die Etikette halten viele vom Golfsport ab.

Christof: Die Regeln und die Etikette sind einzuhalten. Ich frage mich jedoch, ob es wirklich so «schlimm» wäre, einen Kapuzenpullover als Ausrüstungsgegenstand zu akzeptieren … Neben dem Platz hat es aber genügend Raum für Kreativität und Differenzierung.


Christof, du hast vor 20 Jahren als Leiter Sponsoring bei der UBS mit Alinghi und dem America’s Cup einen der grösstenSponsoring-Coups gelandet. Welche Tipps kannst du Veranstaltern und Golfclubs geben?

Christof: Es gibt keine Standardrezepte, da jeder Club und jedes Turnier seine Eigenheiten hat. Aber: Mut zur Veränderung und Innovation, übliche Schienen verlassen und dann konsequent umsetzen. Es hat Platz für Neues. Auch im Golf. Und gerade nach Covid-19!


Und mit welchen Ideen würdest du, Bernhard, deine langjährige Erfahrung als globaler Event- Verantwortlicher bei RedBull einbringen?

Bernhard: Es gibt drei Bereiche, die wir angehen würden: 1. Die Spielweise von Turnieren – also neue Formate, die auch neue Golfer anziehen und begeistern würden. Den Fun-Aspekt stärken und nicht nur auf das Handicap fokussieren. 2. Umfeld und Angebot auf dem Golfplatz – Gastrokonzepte und Live Experience. Die Leute wollen unterhalten werden und sich wohl fühlen. Unterschiedliche Kundschaft hat unterschiedliche Bedürfnisse. 3. Neue Angebote wie Topgolf, Indoor Golf Bars etc. – sie erleichtern den Zugang zum Sport und erhöhen das Interesse undVerständnis auch auf Top-Level. Denn man schaut im TV nur, was man versteht. Viele Europäer schauten keine NFL-Spiele, weil sie die Regeln nicht verstanden haben. Hierhat die NFL in Europa investiert und nun schnellen die Zuschauerzahlen in die Höhe.

Interview von Dieter Liechti

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